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2004

 

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Der Schriftsteller und Musikjournalist Matthias R. Entreß, der berufliche und familiäre Bindungen zu Korea hat, schrieb interessante Artikel zur Koreanischen Musikszene

Matthias R. Entreß geb. 1957 in Hamburg, Studium der Theaterwissenschaft, arbeitet als Musikjournalist in Berlin. Er lebt jedes Jahr mehrere Monate in Korea und ist auch dort mit Musik beschäftigt.

Er hat sich, zusammen mit dem Komponisten und Pianisten Daniel N. Seel, die Mühe gemacht und sich durch Kitsch, Seichtes und Schlechtes zu den wenigen unabhängigen und guten Komponisten und Komponistinnen Koreas durchgearbeitet.

Daniel Norbert Seel (geb. 1970 in Saarbrücken) studierte Klavier, Komposition und traditionelle koreanische Musik in Karlsruhe, Seoul (bei Sukhi Kang) und Berlin (bei Walter Zimmermann). 1991 war er ein Jahr lang, dank der Kulturstiftung des deutsche Volkes, in Korea und lebt seit dem jedes Jahr drei Monate dort. Er kennt die koreanische Musikszene ausgezeichnet

Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass es diesen beiden Koreakennern gelungen war, ein Festival zu initiieren, das authentische koreanische Musik in Berlin und Europa etwas bekannter machte.
Es wurde ein Festival für Alte und Neue Musik aus Korea veranstaltet, das Tradition und Zeitgenössisches vereinte.
Daniel N. Seel und Matthias R. Entreß betreuten als Kuratoren das Haupt- programm, die “Freunde guter Musik Berlin e.V.” waren Träger des Projekts im Rahmen ihrer Festival-Reihe “Urban + Aborignal” (es ist bereits die Nummer XVI)
Der Hauptstadtkulturfonds ermöglicht das Festival maßgeblich. Das Podewil war Kooperations- und Ko-Produktionspartner und auch der exclusive Veranstaltungsort. Die Musikkuratorin des Podewil - Elke Moltrecht - betreute die improvisierte und elektronische Musik .

Hier noch ein Zitat von Matthias R. Entreß: Die Auswahl der Werke und Komponisten für die Konzerte mit zeitgenössischer Koreanischer Musik war äußerst delikat, denn bevor man die wirklich unabhängigen und originellen Komponisten findet, muß man sich durch einen Dschungel von Kitsch, falsch verstandenem Traditionsbewußtsein und Kopien westlicher Strömungen hindurchkämpfen. Dann aber findet man Komponisten, die abseits allen ideologischen Denkens ihre Musik entfalten, deren koreanische Eigenschaften manchmal mehr in der Struktur als im Klang und manchmal mehr in der Beherrschung als im Ausdruck liegen.
 

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DAS PROJEKT

Das Festival »Alte und neue Musik aus Korea« präsentierte einerseits ausgewählte bedeutende Werke der alten koreanischen Musik in hier bisher nicht erlebter Vollständigkeit und authentischer Klanggestalt. Andererseits stellte es einige richtungsweisende zeitgenössische Komponisten vor, die die Schematik westlich-modern, östlich-traditionell eindrucksvoll überwunden haben, sowie Beispiele aus der aktuellen Club-Szene Koreas.

Bereits seit Jahrzehnten wird in Korea die höchst formalisierte und klanglich äußerst komplexe aristokratische und Gelehrten-Musik der Choson-Ära (14.- Anfang 20.Jahrhundert) praktisch nur noch zum Zwecke der Volksbildung öffentlich aufgeführt, meist in Massenveranstaltungen und nur ausschnittweise. Eine Überführung des musikalischen Erbes des alten Königreiches in das kulturelle bzw. künstlerische Leben der heutigen modernen Gesellschaft ist also bisher gescheitert. Dadurch droht der Verlust der mündlich überlieferten musikalischen Kenntnisse und Fertigkeiten. Bei unserem Veranstaltungsprojektprojekt wird den Berliner Zuhörern die Möglichkeit gegeben, diese fremde Musik in stilkritisch rekonstruierter Interpretation mit all ihren überraschenden Schönheiten und ihrer philosophischen Tiefe kennen und hören zu lernen. Sehr froh sind wir, daß wir mit dem Podewil einen Veranstaltungsort haben, dessen Saal und Studios den akustischen Bedingungen in den alten Königspalästen und Bürgerhäusern viel näher kommen als die gewöhnlichen resonanzreicheren modernen Konzertsäle, sodaß eine authentische Hörerfahrung ermöglicht wird.

Es gab keinen kompletten Überblick über das koreanische Musikleben. Im Bereich der alten Musik konzentrierte sich das Programm einerseits auf die abendfüllende Ensemble-Suite „Kajin Hoesang“, andererseits auf den aristokratischen kammerorchestral begleiteten Gesangszyklus Gagok. Die aus dem Ende des 19.Jahrhunderts stammende, aus Quellen der Volksmusik schöpfende bürgerliche Kunstmusik Sanjo (Suiten für Melodie-Instrument und Trommel), wurden gleichzeitig in bis zu drei Studios ("Sanjo-Lounges") im Podewil vor kleinem Publikum in entspannter Atmosphäre aufgeführt. Dies war eine einmalige Gelegenheit, dieser Musik so nah zu sein wie die Zuhörer in ihrer Zeit und an ihrem Ort. Für die aristokratische Musik wurde ein Ensemble aus hochqualifizierten und engagierten Musikern gefunden, die das Wagnis eingingen, die erwähnten Gattungen der Kunstmusik so ausführlich darzustellen wie es im alten Korea üblich war.

Einen ganzen Nachmittag und Abend war dem epischen Gesang P'ansori.gewidmet.  Letzterer ist zwar eine volkstümliche und inhaltlich recht derbe Kunst, aufgrund ihrer nuancierten Ausführung steht sie der Kunstmusik aber nah.

Das P'ansori "Simchong-ga" wurde von Meister Wang Ki-seok, dem Leiter der Changgeuk-Abteilung des Nationaltheaters Seoul aufgeführt - unseres Wissens ist es das erste Mal, daß in Deutschland ein komplettes P'ansori (Dauer ca. 5 Stunden) aufgeführt wurde, was für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung war, aber auch ein unvergeßliches Erlebnis dieser einmaligen musikdramatischen Kunst.

Ein weiteres Konzert war dem berühmten Kayageum- (Wölbbrettzither-) Meister Hwang Byung-ki gewidmet, der mit seinen Kompositionen als Brücke zwischen Tradition und Moderne angesehen wird. Beide prominente Musiker haben unser Projekt bereits im Vorfeld begeistert unterstützt und erwarten eine starke Rückwirkung auf die Aufführungspraxis der alten Musik in Korea selbst.

Als Gegenpol zur alten Musik wurde die avancierte Musik der Gegenwart vorgestellt. Koreanische Neue Musik ist polarisiert zwischen westlichen Avantgardestilen und Traditionalismus. Unsere Auswahl konzentrierte sich auf Komponisten und Improvisationsmusiker, die von diesem Parteiendenken frei sind und den Blick auf ein schillerndes kreatives Musikdenken eröffnen, das für uns bisher im Verborgenen lag. Für die beiden Konzerte wurden das Berliner Modern Art Sextett, ergänzt durch Gäste, und der Barton Workshop aus Amsterdam engagiert, der durch seine Erfahrung mit mikrotonaler und auch leiser Musik für die Interpretation der teils enorm schwierigen und probenaufwendigen Werke prädestiniert ist.

Auf der großen Bühne sowie im Podewil Klub wurden aktuelle Strömungen von Pop und Elektronik aus dem Seouler Underground, Improvisationsmusik und Performances, Folksongs und modernes P‘ansori präsentiert. Zusätzlich bot eine Medienlounge die Möglichkeit, über Internet-Live-Streams von Pop- und Traditionelle-Musik-Sendern sowie Videoclips und Computerkunst, einen Einblick in den musikalischen Alltag Koreas zu gewinnen. In einem Roundtable-Gespräch mit den im Festivalprogramm vertretenen Komponisten wurden Hintergründe der ebenso vielschichtigen wie widersprüchlichen Musikkultur Koreas vertieft.

»Alte und neue Musik aus Korea« fand im Rahmen der Reihe URBAN + ABORIGINAL statt, die die Freunde Guter Musik Berlin e.V. mit wechselnden Themen regelmäßig seit 1985 durchführen.
 

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ALTE UND NEUE MUSIK AUS KOREA

Die koreanische traditionelle Musik nimmt unter den asiatischen Musiktraditionen wegen ihrer gewaltsamen Unterbrechung und Unterdrückung während der japanischen Besatzungszeit eine Sonderstellung ein. Nach der Befreiung 1945 dauerte es noch 15 Jahre, bis sich staatliche Stellen des im Verlorengehen begriffenen Erbes annahmen und es museal restaurierten. Die wenigen Musiker, die die höchst verfeinerte aristokratische konfuzianische und buddhistische Musik praktizierten und lehrten, wurden zu "Lebenden Nationalschätzen" erhoben. Das öffentliche Interesse an der alten Musik war aber eher ethnologisch oder heimatkundlich als kulturell, denn die Hörgewohnheiten hatten sich längst auf die westliche Klassik und amerikanische Popmusik eingestellt. Die überwältigende Mehrheit der Koreaner empfand und empfindet die eigene klassische Musik als fremdartig, exotisch und häßlich.

Gleichwohl ist eine hochqualifizierende Ausbildung von jungen traditionellen Musikern an den Hochschulen Koreas nach wie vor vorhanden; es stellt sich die Frage, inwieweit eine verfälschende und verkürzende Aufführungspraxis im öffentlichen Kulturleben zum Verlust mündlich überlieferter Kenntnisse und Fähigkeiten führt. Denn dadurch, daß diese Musik in den letzten Jahrzehnten kaum in ausführlichen Konzerten, sondern meistens nur in kleinen Teilen in Querschnittsprogrammen, zudem an ungeeigneten Orten und mit elektrischer Verstärkung aufgeführt wurde, bzw. in monströser Orchesterbesetzung, ist die originale klangliche und musikalische Gestalt (und damit auch der in ihr niedergelegte philosophische Gehalt) in der Öffentlichkeit fast in Vergessenheit geraten. Auch auf CDs ist diese aufgrund einer stets verfälschenden Mikrophonierung nicht zu erfahren.

Im europäischen Kulturleben (abgesehen von den Bemühungen einiger weniger Institute für vergleichende Musikforschung, die aber eher wenig Öffentlichkeit haben) werden sogenannte traditionelle Musiken nicht mit der gleichen Sorgfalt betrachtet und aufgeführt wie die europäische klassische Musik. Aufgrund der Weltmusik-Bewegung, die sie als ein Teil von Pop und Folk ansieht und sie in allerlei Mixturen vorstellt, hat zwar das Interesse am Fremden eine gewisse Marktstellung, gleichzeitig wird dem Fremden durch die Anverwandlung westlicher Musikformen seine individuelle Fremdheit aberkannt. Die Konventionen der Weltmusik sind leider auch bei eigentlich "rein" traditionellen Konzerten eingeführt.

Auch die koreanische Musik ist in Deutschland, jedenfalls seit dem Horizonte-Festival 1985, nur in informativen Kurzquerschnitten geboten worden, wobei die klangliche Sensibilität durch Elektrifizierung preisgegeben wurde. Dem wollen wir intensive Hörerfahrungen entgegensetzen, indem wir einige bedeutende Werke oder Zyklen vollständig und in einer Weise spielen lassen, anhand derer man die Distanz von vielen hundert Jahren und sein Verhältnis zu diesem wahrhaft Fremden wahrnehmen kann.

Mit den Musikern des Ensembles und einigen koreanischen Musikwissenschaftlern sind wir uns einig, daß die alte koreanische Musik, trotz immer noch funktionierender mündlicher Überlieferung und obwohl die Instrumente in ihrer ursprünglichen Form noch in Gebrauch sind, jetzt in dem Zustand ist, in dem sich die europäische Barockmusik vor etwa vierzig Jahren befand, bevor die ersten Ensembles versuchten, die historische Aufführungspraxis zu rekonstruieren, wenn nicht noch schlimmer. Heute wird bei uns sogar das klassisch-romantische Repertoire erfolgreich in historischer Spieltechnik aufgeführt und diese Musik als aufregend und neuartig wahrgenommen. Die Perspektive einer Aufwertung im aktuellen Konzertleben durch kritische Rekonstruktion nach dem europäischen Vorbild besteht auch für die koreanische Musik.

Wir verbinden die Kritik an der sowohl in Korea als auch bei Gastspielen in Europa üblich gewordenen Form der Aufführung mit der Befürchtung, daß, z.B. durch die Gewöhnung an Mikrophonierung, die Fähigkeiten der Musiker zu authentischer Interpretation verloren gehen und so, weil alle diese alten Musikformen in erheblichem Maße mündlich überliefert werden, für alle Zeiten verschwinden. Als eine Musik, die die Ideale der alten Philosophie Koreas, geistige Klarheit und Gelassenheit, repräsentiert, sollte sie in idealer Form aufgeführt und wahrgenommen werden und nicht mit den Mitteln der Popmusik oder des Kinos verflacht werden.

Wir sind sicher, damit Hörer zu erreichen, die unseren Maßstab anerkennen und ihn an die Darstellung koreanischer und überhaupt aller traditionellen Musik anlegen, was eine echte Erweiterung unseres kulturellen Horizonts haben könnte.

Wir wollen also von der Ethnologie und der Exotik wegkommen und durch die Schärfung der Wahrnehmung das fremde Erbe als Chance kultureller und künstlerischer Erweiterung erfahren. Diese Aneignung soll das Erbe aber keinesfalls verändern, sondern es in seiner Ursprünglichkeit stärken.

Deswegen ziehen wir dem Begriff "traditionelle Musik" den der "alten Musik" Koreas vor, weil ersterer eine Kontinuität behauptet, die in Wahrheit bereits mit dem Untergang des Choson-Königreiches (Yi-Dynastie) beendet wurde. Damit ist auch der konfuzianisch geprägte Feudalismus, zu dem die Hofmusik gehörte, verschwunden; was blieb, ist die Musik, die unabhängig von den alten gesellschaftlichen Strukturen einen großen kulturellen Reichtum darstellt.

Der bedenklichen Situation der alten Musik Koreas steht ein einseitiges Bild von der zeitgenössischen Musik gegenüber. Bisher wurde die zeitgenössische Musik Koreas vor allem unter dem pauschalisierenden Aspekt der doppelten kulturellen Identität betrachtet. Dies hat natürlich sein Recht in der Tatsache, daß das koreanische Musikleben stark westlich geprägt ist und die Tradition im musikalischen Gedächtnis weiterschwingt. Die doppelte kulturelle Codierung war auch im Werk Isang Yuns eines der wichtigsten Themen. Isang Yun ist aber, trotz unbestreitbarer Qualität und Weltbedeutung eine Einzelerscheinung, die in Korea zwar einen hohen Maßstab setzt, aber durchaus nicht die Norm darstellt und oft auch Ablehnung hervorruft. Das Spektrum modernen Komponierens in Korea erschöpft sich, grob formuliert, in folgenden Richtungen: Tonale Kompositionen, meistens romantische Klavierlieder; Imitation von verschiedenen Zeitstilen der westlichen Moderne von der 12-Tonmethode bis zu Klang- und Geräuschaktionen; Traditionsbewußtsein, das sich im Gebrauch von koreanischen Instrumenten manifestiert; und eben die Musik der wirklich unabhängigen Komponisten. Letztere haben wir zu sammeln versucht.

Wir wollen zeigen, daß die neue koreanische Musik sich nicht mit der Kombination von westlichen und koreanischen Instrumenten oder der bloßen Imitation der Neue-Musik-Idiome erschöpft, sondern es auch Komponisten gibt, die sich von den diversen Stilzwängen und Parteilichkeiten freigemacht haben und in der Lage sind, Musik zu komponieren, die organisch aus sich selbst heraus wächst und dabei auf ganz natürliche Weise auch den Widerhall der verschiedenen Einflüsse dokumentiert, zu denen neben den traditionellen Formen auch - zu unserer Überraschung - ein eigenartiges Gefühl für die westliche Tonalität gehört. Wir haben einige Komponisten gefunden, Han Mi-young, Lee Yunkyung, Park Yongshil, Lee Yunseck, Yi Manbang, Koo Bonu, Han Ock-mi und Na Hyo-shin, die in ihren Werken weit über die allgemein bekannten pauschalisierten Zitate koreanischer Klangklischees hinausgehen und dennoch erkennbar nur aufgrund ihrer koreanischen Identität zu ihren Ergebnissen haben kommen können.

In weiteren Konzerten werden wir u.a den koreanischen Improvisationsmusiker und Free-Music-Pianisten Park Ch'ang-soo sowie aktuelle Strömungen von Pop und Elektronik aus dem Seouler Underground, Performances, Folksongs und modernes P‘ansori vorstellen. Zusätzlich bietet eine Medienlounge die Möglichkeit, über Internet-Live-Streams von Pop- und Traditionelle-Musik-Sendern sowie Videoclips und Computerkunst, einen Einblick in den musikalischen Alltag Koreas zu gewinnen. In einem Roundtable-Gespräch mit den im Festivalprogramm vertretenen Komponisten werden soziale und künstlerische Bedingungen der Neuen Musik in Korea vertieft.
 

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